Experten-Interview mit Frank Wilke zum Oldtimer-Markt

Einfluss von Inflation auf Fahrzeuge und Ersatzteile

Oldtimer-Ersatzteile beschaffen Tipps

Viele Menschen in Deutschland kämpfen mit der Inflation. Im März 2023 lag diese bei 7,4%. Insbesondere die Preise der Güter, die man für das tägliche Leben benötigt – wie Lebensmittel – sind teilweise genau so drastisch gestiegen, wie die Energiekosten. Doch hat die Inflation auch einen Einfluss auf Luxusgüter, wie z.B. Oldtimer? Dieser Frage sind wir nachgegangen und haben mit einem Mann gesprochen, der sich mit Oldtimer-Preisen, -Bewertungen und -Trends sehr gut auskennt. 

Frank Wilke, Gastautor

Checkliste „Sicher reisen“ herunterladen & Ihre Kunden informieren

Frank Wilke, Geschäftsführer von classic–analytics, beobachtet, analysiert und bewertet seit über 20 Jahren den Oldtimer-Markt. Mit seinem Experten-Team hat er eine der führenden Oldtimer Datenbank aufgebaut, die Preisnotierungen von 55.000 Oldtimern erfasst und die regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht wird. 

Das Interview

1. Herr Wilke, welche Faktoren lassen Oldtimerpreise steigen?

„Nach 20 Jahren hauptberuflicher Tätigkeit im Bereich der Oldtimerbewertung haben wir immer noch nicht genau herausgefunden, wann, warum, welche Oldtimer im Wert steigen oder fallen. Aber natürlich gibt es verschiedene Gründe, die einflussgebend sind.“ 

2. Welchen Einfluss hat die Inflation auf Oldtimerpreise?

„Bei Oldtimern, die privat angeboten werden, hat sich ein bestimmtes Preisniveau gefestigt. Wenn die Inflation einschlägt und die Lebenshaltungskosten der Menschen steigen, kann man nicht einfach den Oldtimer, den man privat verkaufen möchte, um 8 oder 10% teurer machen. Dies gibt der Markt nicht her. Wenn ich heute zum Beispiel meinen Alfa Romeo Montreal zu einem höheren Preis anbiete, die anderen 150 Besitzer behalten das Preisniveau dieses Oldtimers jedoch bei, dann kann ich meinen Preis am Markt nicht durchsetzen. Ich kann also die Inflation hier nicht abbilden.”

3. Wie haben sich die Oldtimerpreise aktuell entwickelt?

„Die Oldtimerpreise sind gestiegen – wie eigentlich immer schon in den letzten Jahren. Einen direkten Einfluss der Inflation haben wir bei classic-analytics aber noch nicht feststellen können. Aktuell haben wir die Preise von Januar 2022 mit Januar 2023 verglichen. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Oldtimer aus den 80ern sind im Preis am meisten gestiegen. Der Grund liegt auf der Hand: Die meisten Menschen kaufen sich einen Oldtimer aus Nostalgie. In der Regel handelt es sich um ein Fahrzeug, das man als Schüler, Student oder junger Berufstätiger irgendwo in einem Verkaufsraum als Neuwagen oder als jungen Gebrauchten gesehen hat, sich aber nicht leisten konnte. Dann kommt irgendwann der Zeitpunkt – mit 40 oder Mitte 40 – an dem man das erste Geld an die Seite gelegt hat. Wenn man dann noch Auto oder Motorrad Fan geblieben ist, kann sich jetzt der Jugendtraum erfüllen – und dies passiert gerade.  

Die Oldtimer Fans, die in ihrer Jugend ein Fahrzeug der 50er Jahre als Neuwagen gesehen haben, sind heute in einem Alter, in dem sie das Hobby nicht mehr aktiv ausüben, bzw. keinen Oldtimer mehr kaufen. Dies erklärt die geringere Preissteigung bei diesen Klassikern.“ 

4. Welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle bei der Wertentwicklung von Oldtimern?

„Zunächst: Preisentwicklungen sind kein Trend, sondern eine Momentaufnahme. So auch bei unserem aktuellen Vergleich zwischen Januar 2022 und Januar 2023. Im Oldtimer Markt steigen Preise auch nicht linear, d.h. nicht gleichmäßig. Typisch ist, dass ein Oldtimer ein paar Jahre auf einem bestimmten Preisniveau verharrt. Dann wird er von den Fans sozusagen entdeckt. Gründe hierfür können sein, dass mehrere Artikel über diesen Oldtimer geschrieben werden oder der Klassiker in einem bestimmten Film oder in einer Serie zu sehen ist. Der Oldtimer rückt damit kurzfristig in den Fokus des Interesses, die Nachfrage wächst bei gleichbleibender Anzahl der Fahrzeuge und der Preis steigt.“ 

5. Hat die Inflation einen Einfluss auf Ersatzteile für Oldtimer?

„Bei der Frage, ob die Inflation einen Einfluss auf Ersatzteilpreise hat, muss man sich zunächst die Frage stellen, um welche Teile es sich handelt und woher sie kommen. Aus den USA, aus Europa – hier speziell aus England oder aus Asien und von dort speziell aus Japan.  

Amerikanische Ersatzteile haben sich für uns ungünstig entwickelt, weil es auch in den USA eine ähnliche Inflation wie in Deutschland gibt. Außerdem beeinflusst die für uns negative Entwicklung des Dollarkurses die Preise. In den letzten zwei Jahren sind amerikanische Ersatzteile im Schnitt um 10 bis 12% im Preis gestiegen. Dies ist aber eigentlich nicht tragisch, weil das Preisniveau aufgrund der hohen Verfügbarkeit relativ gering ist.  

Ein größeres Thema haben Besitzer englischer Oldtimer, die in England gefertigte Ersatzteile benötigen. Ein Grund für diese gestiegen Preisen ist der Brexit, weil man beim Import nun Einfuhrumsatzsteuer und Zoll zahlen muss. Eigentlich müssten so Ersatzteile aus England um 25 bis 30% gestiegen sein. Sind sie aber nicht, weil Händler dies durch bestimmte Margen ausgeglichen haben. Die reale Kostensteigerung bei Ersatzteilen aus England liegt bei 10 bis 15%.

Bei Ersatzteilen aus Japan ist die Situation ähnlich wie in England, bzw. schlimmer, da die gesamte Ersatzteilsituation extrem schlecht ist.”

6. Wie sieht es bei Ersatzteilen für deutsche Oldtimer aus?

Die Ersatzteilpreise für deutsche Oldtimer sind ebenfalls gestiegen. Der Grund dafür ist, dass die Produzenten die erhöhten Energiekosten aufschlagen. Wir haben es hier mit einer Kostensteigerung von 5 bis 10% zu tun.

7. Gibt es eine Antwort auf die Frage: Originales oder nachgebautes Ersatzteil?

Die Frage, die man sich hier stellen muss, ist, wo gibt es noch Originalersatzteile?  

Ein Beispiel: Ein Mercedes aus den 80er Jahren, der in Massenproduktion hergestellt wurde. Ersatzteile für diese Oldtimer gibt es heute nicht mehr an der Theke, so wie damals. Mercedes ist unter anderem ein Automobilhersteller, der seine Ersatzteile bei Zulieferern herstellen lässt. Und die wechseln über die Jahre. Dies kann bis zu vier Mal in so einer langen Zeit passieren. Da sind die originalen Bauteilzeichnungen dann auch schon mal weg.

Eine Besonderheit sind Blechteile. Originale Blechteile passen grundsätzlich immer besser. Deshalb sind diese auch immer teurer als nachgebaute Teile. Sie werden häufig auch auf alten und schon ausgeleierten Maschinen hergestellt. Das schätzt das Publikum gar nicht.

Ganz extrem ist es bei seltenem Zubehör, wie etwa besonderen Sportsitzen oder Sportlenkrädern. Diese sind immer deutlich teurer als nachgemachtes Zubehör.“ 

8. Unsere letzte Frage: Wie schätzen Sie das Verbrenner-Verbot für den Oldtimer-Markt ein?

“Insgesamt ist die Stimmung in der Oldtimerszene gut. Das haben wir auf vielen Veranstaltungen, wie Messen, deutlich gemerkt. Jedoch bremst die Diskussion über das Verbrenner-Aus die Kauffreudigkeit der Fans. Es herrscht Unsicherheit. Nicht minder schwerwiegend ist aber die Inflation und der Ukraine Krieg. Auch diese Gegebenheiten und schrecklichen Umstände hemmen die Kauflust der Oldtimerfans.“

Vielen Dank, Herr Wilke, dass Sie uns diese Einblicke gegeben haben! 

Tipp: Über 1.000 aktuelle Oldtimer-Preise sowie viele Tipps und nützliche Infos finden Sie im Hiscox Pocket Price Guide, der zusammen mit classic-analytics erstellt wurde.